DHS fordert zweckgebundene Abgabe auf legale Suchtmittel
Rund 57 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten entstehen in Deutschland jährlich durch die Folgen von Alkoholkonsum. Der Tabakkonsum schlägt sogar mit rund 97 Milliarden Euro zu Buche. Belastet werden nicht nur das Gesundheitswesen und die Sozialkassen, sondern auch private Haushalte, Arbeitgeber, Familien und Sozialräume. Trotz der extremen gesellschaftlichen Kosten, die aus dem Abhängigkeits- und Schädigungspotenzial von alkoholischen Getränken und Tabakerzeugnissen erwachsen, werden Hersteller und Händler nicht an den enormen Kosten beteiligt, die durch den Gebrauch ihrer Produkte entstehen. Daher fordert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) anlässlich des bundesweiten Aktionstags Suchtberatung, der am 14. November stattfindet, eine zweckgebundene Abgabe auf alle legalen Suchtmittel und Glücksspielangebote. Die Abgabe soll uneingeschränkt für die Vorbeugung, Behandlung und Erforschung von Abhängigkeitserkrankungen und anderen Konsumfolgen zur Verfügung stehen.
Am Aktionstag Suchtberatung beteiligen sich Suchtberatungsstellen in ganz Deutschland mit Veranstaltungen. Sie machen auf aktuelle Problemlagen vor Ort aufmerksam und informieren unter dem diesjährigen thematischen Schwerpunkt „Suchtberatung stärken – Gesundheit schützen“ über ihre vielfältigen Angebote und ihren gesellschaftlichen Stellenwert.
Zweckgebundene Abgabe auf legale Suchtmittel zugunsten von Prävention, Behandlung und Erforschung von Suchterkrankungen
Zahlreichen Suchtberatungsstellen in Deutschland fällt es zunehmend schwerer, ihre Angebote, die auch der Vorbeugung dienen, aufrechtzuerhalten. „Kern des Problems ist, dass die kommunal finanzierte Suchtberatung keine verbindliche und gesetzlich gesicherte Leistung ist. Daher brauchen wir die zweckgebundene Abgabe auf legale Suchtmittel wie Alkohol und Tabak. Das Aufkommen der Verbrauchsteuern – die von den Konsumierenden entrichtet werden – ist nicht geeignet, um für die gesellschaftlichen Folgekosten aufzukommen. Beispiel Alkohol: Hier stehen Einnahmen von rund 3 Milliarden Euro Verbrauchsteuern für alkoholische Getränke volkswirtschaftliche Folgekosten in Höhe von 57 Milliarden gegenüber. Diese Schieflage dürfen wir nicht länger hinnehmen. Die wirtschaftlichen Profiteure müssen in die Pflicht genommen werden!“, sagt Dr. Peter Raiser, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.
Im internationalen Vergleich sind die Steuern für Alkohol- und Nikotinprodukte in Deutschland besonders niedrig. Insbesondere Alkoholprodukte sind in den vergangenen Jahren preiswerter geworden. Zur Stärkung der Prävention hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) angemahnt, die Preise für Alkohol anzuheben.
Christina Rummel, DHS Geschäftsführerin und Autorin des DHS Berichts zur Finanzierung der Suchtberatungsstellen in Deutschland: „Es ist eine Minute vor zwölf! Die Politik muss endlich handeln, und zwar kurzfristig. Die zweckgebundene Abgabe auf legale Suchtmittel brauchen wir besonders dringend zur finanziellen Unterstützung von Suchtberatungsstellen. Angesichts leerer Kassen kommt es aktuell zu Einschränkungen bei den Beratungsangeboten. Schließungen von Suchtberatungsstellen sind bereits erfolgt. Weitere Schließungen stehen bevor, wie eine aktuelle Umfrage der DHS zeigt. Das ist dramatisch. Nicht nur für Menschen mit Suchtproblemen, sondern für uns alle. Denn: Suchtberatungsstellen leisten einen wertvollen gesamtgesellschaftlichen Beitrag, unter anderem auch, indem sie die öffentlichen Kassen entlasten. Für jeden eingesetzten Euro spart die Suchtberatung rund 17 Euro an Folgekosten ein.“
Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, ist der Schirmherr des Aktionstags Suchtberatung: „Mindestens 8 Millionen suchtkranke Menschen, hinter dieser Zahl stehen Millionen individuelle Erfahrungen. Diese sind vielfach verknüpft mit Einsamkeit, Armut, Wohnungslosigkeit. Dazu sind es Millionen Angehörige und insbesondere die Kinder, die mitbetroffen sind. Hinzu kommen erhebliche neue Herausforderungen, etwa durch Kokain, Crack, synthetische Opioide und immer riskantere digitale Angebote. Daher müssen wir die Themen Sucht und Drogen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen und die Anstrengungen zur Sicherung von Prävention und Suchtberatung verstärken. Wir brauchen dringend einen politischen und gesellschaftlichen Konsens, der Prävention, Suchtberatung und Suchthilfe dauerhaft sicher- und nicht infrage stellt. Unverzichtbar sind neben der Arbeit in den Suchtberatungsstellen auch die niedrigschwelligen Hilfen wie Drogenkonsumräume, Kontakt- und Übernachtungsstellen. Über neue Wege der Finanzierung nachzudenken, ist dringend geboten. Ein Weiter-So geht einfach nicht. Wer jetzt bei Suchtberatung und den niedrigschwelligen Hilfen spart, der spielt ein unverantwortliches Spiel. Oder anders: der riskiert unnötig das Leben vieler Menschen.“
Weitere Informationen zum Aktionstag Suchtberatung:
www.aktionstag-suchtberatung.de
#aktionstagsuchtberatung
Download des kompletten DHS-Berichts zur Finanzierung der Suchtberatungsstellen in Deutschland auf der Website DHS.
Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), 12.11.2024