„Schieb den Gedanken nicht weg!“

Kampagnen-Flyer

Anlässlich des 8. Europäischen Tages zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt am 18. November haben Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, die gemeinsame Aufklärungs- und Aktivierungskampagne „Schieb den Gedanken nicht weg!“ vorgestellt. Die Botschaft: Kinder und Jugendliche sind vor allem im eigenen Umfeld der Gefahr sexueller Gewalt ausgesetzt.

Seit Jahren werden konstant tausende Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch zur Anzeige gebracht. Doch das ist nur das polizeiliche Hellfeld, das Dunkelfeld ist ungleich größer. Es wird geschätzt, dass ein bis zwei Kinder pro Schulklasse von sexueller Gewalt betroffen sind – bei rund drei Viertel der Fälle geschieht das in der eigenen Familie oder im sozialen Nahfeld. Von den meisten Menschen wird dieses reale Risiko im eigenen Umfeld allerdings weitgehend verdrängt: 90 Prozent der Bevölkerung halten es zwar für wahrscheinlich, dass sexuelle Gewalt vor allem in Familien stattfindet. 85 Prozent halten es aber für unwahrscheinlich oder ausgeschlossen, dass sexuelle Gewalt in ihrer eigenen Familie passiert oder passieren kann, so das Ergebnis einer FORSA-Umfrage im Auftrag der Unabhängigen Beauftragten.

Der Betroffenenrat bei der Unabhängigen Beauftragten: „Diese Kampagne soll Mut machen und dazu auffordern, selbst Verantwortung zu übernehmen und Teil einer gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit zu werden: Immer da informiert zu handeln, wo Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt erleben und erwachsene Betroffene sexualisierte Gewalterfahrungen in der Familie oder anderen Tatkontexten offenlegen. Sexualisierte Gewalt in der Familie ist keine Privatangelegenheit, sondern Unrecht. Dieses oft fehlende Unrechtsbewusstsein führt in großen Teilen der Gesellschaft zum Schweigen über den Tatort Familie. Jedoch hat das Umfeld die Verantwortung und vor allem die Möglichkeit, zu helfen und den Betroffenen zur Seite zu stehen.“

Mit kontrastiven, irritierenden Aussagen wie: „Geh nicht mit Fremden mit! – Und wenn es gar kein Fremder ist?“ oder „Mach niemandem die Tür auf! – Und wenn die Gefahr schon drinnen ist?“ stellt die Kampagne gewohnte familiäre Denkmuster in Frage und weist auf die reale Gefahr von sexueller Gewalt im persönlichen Umfeld hin. Ziel ist es, Menschen zu befähigen, aktiv zu werden, wenn sie Verdacht auf sexuellen Kindesmissbrauch schöpfen.

„Schieb den Gedanken nicht weg!“ ist als mehrjährige Kampagne konzipiert. Neben einer Vielzahl von Informationsmaterialien stärkt die Kampagne lokale Netzwerke und kommunale Initiativen und unterstützt diese mit einem Kampagnenbüro. Durch die Zusammenarbeit von Fachpraxis, Politik und Zivilgesellschaft sollen nachhaltige Bündnisse vor Ort zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt erreicht werden. Auch der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist ein wichtiger Partner, der die Kampagne und die bundesweiten und lokalen Aktivierungsmaßnahmen unterstützt.

Landingpage der Kampagne: www.hilfe-portal-missbrauch.de

FORSA-Befragung sowie weitere Zahlen und Fakten zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen: https://beauftragte-missbrauch.de/service/publikationen/zahlen-und-fakten

Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums, 17.11.2022