Wissenschaftlerteam untersucht Einfluss von Nikotin auf Gehirnaktivität
„Mit dem Rauchen aufzuhören, ist kinderleicht, das habe ich schon hundertmal geschafft“, soll der Schriftsteller Marc Twain gesagt haben. Das Rauchen aufzugeben, fällt vielen Menschen wohl eher schwer. Schließlich regt Nikotin Nervenzellen an und steigert zumindest kurzfristig Prozesse der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Gedächtnisbildung. Vor allem letzter Punkt ist für die Forschung interessant und wird nun in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) genauer beleuchtet.
Neurowissenschaftlerin Dr. Min-Fang Kuo wird mit ihrem Team in den nächsten drei Jahren den Einfluss von Nikotin auf die Gehirnaktivität untersuchen. Die Neurowissenschaftlerin wird dabei erforschen, wie Neuroplastizität und kognitive Funktionen bei Teilnehmenden unterschiedlichen Alters mit und ohne Nikotinabhängigkeit beeinflusst werden, wenn Nikotinrezeptoren aktiviert werden. Neuroplastizität bezeichnet die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und so etwas Neues zu lernen. Insgesamt sollen knapp 90 Personen untersucht werden. Bei dem Versuch wird jedoch niemand rauchen müssen. Die Teilnehmenden erhalten den Wirkstoff Varenicline, der die nikotinischen Rezeptoren aktiviert und therapeutisch zur Raucherentwöhnung eingesetzt wird. Sollten Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit auftreten, stehen den Probanden medizinische Betreuer zur Verfügung. Zur Kontrolle werden auch Placebos, also Mittel ohne Wirkstoff, eingesetzt.
Bei der Untersuchung kommen zwei Methoden zum Einsatz: Nicht-invasive Hirnstimulation und Elektroenzephalographie (EEG). Neuroplastizität wird dabei sowohl durch eine Lernaufgabe angeregt als auch durch die elektrischen Impulse der nicht-invasiven Hirnstimulation. Parallel zu der Lernaufgabe wird mittels EEG erfasst, welche Bereiche im Gehirn gleichzeitig aktiv sind und wie schnell diese arbeiten. Für die Auswertung wird der Zusammenhang zwischen Gehirnaktivität und den Reaktionen auf die Lernaufgabe untersucht. Hierbei wird eine Rolle spielen, inwiefern sich Raucher und Nichtraucher bzw. jüngere und ältere Probanden voneinander unterscheiden.
Mit diesem Wissen kann dann überlegt werden, wie sich Alterungsprozesse des Gehirns kompensieren lassen und inwiefern nikotinhaltige oder ähnlich wirkende Medikamente bei der Behandlung von Demenz sinnvoll sein können. „Das heißt nicht, dass Rauchen gesund ist. Das Nikotin einer Zigarette regt das Gehirn nur kurzfristig an, hat aber in Kombination mit den anderen Inhaltsstoffen des Tabaks langfristig immense negative Folgen“, sagt Kuo. Tatsächlich ist die Leistung des Gehirns zumindest kurzfristig geringer, wenn jemand mit dem Rauchen aufgehört hat. Wie lange sich dieser Effekt hält, muss in folgenden Studien untersucht werden.
Pressestelle des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, 09.10.2019