Männer stärker betroffen als Frauen
Cannabis ist für Erwachsene seit April 2024 legal. Aber es scheint nicht egal zu sein, was sie konsumieren. Eine Studie aus Deutschland belegt, dass mit steigendem THC-Gehalt mehr Menschen Hilfe wegen ihres Cannabiskonsums benötigen.
Eine hohe THC-Konzentration bewirkt nicht nur einen starken Rausch. Forschende mahnen, dass mit zunehmendem Wirkstoffgehalt das Risiko zunimmt, eine Cannabisabhängigkeit oder andere psychische Folgeprobleme zu entwickeln. Bislang gab es dazu allerdings keine Zahlen aus Deutschland, die diese Annahme stützen. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Jacob Manthey (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, UKE) hat nun eine aktuelle Studie dazu vorgelegt.
Entwicklung des Cannabiskonsums von 2009 bis 2021
Die Forschenden haben umfangreiches Zahlenmaterial für die Jahre 2009 bis 2021 zusammengetragen. Darin enthalten waren neben Daten der gesetzlichen Krankenkassen auch Umfrageergebnisse zur Entwicklung des Cannabiskonsums in Deutschland sowie Analysen polizeilich beschlagnahmter Marihuana- und Haschischproben.
Aus den Krankenkassendaten ließ sich ermitteln, wie viele Personen aufgrund einer Cannabisabhängigkeit oder anderer Folgeprobleme ärztliche oder psychologische Hilfe in Anspruch genommen haben. Manthey und sein Team haben ausgerechnet, wie sich die Anzahl an Personen mit problematischen Cannabiskonsum im Verhältnis zur Verbreitung des Konsums in der Bevölkerung entwickelt hat. Der Vergleich zeigt auf: Zwischen 2009 und 2021 ist der Anteil Cannabisabhängiger vor allem unter Männern deutlich gestiegen. Bei Frauen gab es ebenfalls eine Zunahme, diese ist aber nicht so stark ausgefallen.
Im selben Zeitraum ist auch die durchschnittliche Konzentration des Cannabiswirkstoffs THC gestiegen. Das bedeutet: Je stärker Marihuana oder Haschisch geworden sind, desto mehr Menschen benötigten Hilfe wegen ihres Cannabiskonsums.
Vergleichbare Ergebnisse aus anderen Ländern
Manthey und sein Team betonen zwar, dass sie keinen ursächlichen Nachweis erbracht haben. Der Zusammenhang zwischen THC-Gehalt und Cannabisabhängigkeit finde sich aber auch in anderen Ländern. Bereits 2015 hat ein britisches Forschungsteam Belege dafür vorgelegt, dass Konsumierende mit einer Vorliebe für hochpotenten Cannabis häufiger cannabisabhängig sind als Personen, die Gras oder Haschisch mit niedrigerem THC-Gehalt bevorzugen. In derselben Studie berichteten die Befragten mit einer Vorliebe für starken Cannabis auch häufiger von Gedächtnisproblemen und paranoiden Gedanken.
Weitere Studien belegen eine Zunahme des Psychose-Risikos und eine stärkere Inanspruchnahme der Drogenhilfe, wenn sich Cannabissorten mit hohem THC-Gehalt in der Bevölkerung verbreiten.
THC-Gehalt könnte durch Legalisierung weiter steigen
Angesichts der Teillegalisierung von Cannabis sei nach Aussagen von Manthey und seinem Team zu erwarten, dass die Nachfrage nach hochkonzentriertem Cannabis in Zukunft weiter steigt. Als Beispiel nennen sie Kanada, wo Cannabis bereits im Jahr 2018 für den Freizeitgebrauch legalisiert wurde. In Kanada würden sich Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von unter 20 Prozent kaum noch verkaufen oder würden teilweise gar nicht mehr angeboten.
Die Forschenden befürworten daher eine Begrenzung des THC-Gehalts von Cannabisprodukten in Deutschland, um die psychische Gesundheit von Cannabiskonsumierenden besser zu schützen.
Originalpublikation:
Manthey, J., Rosenkranz, M., Jonas, B. & Schwarzkopf, L. (2024). Can the THC concentration predict the number of patients with cannabis-related diagnoses? Drug and Alcohol Review, https://doi.org/10.1111/dar.13923.
Quelle: https://www.drugcom.de/, 18.9.2024