Hoher Cannabiskonsum, große Wissenslücken!

In der kontroversen Debatte um die Regulierung von Cannabis rückt der Konsum junger Menschen vermehrt in den Fokus. Die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zum Cannabisgebrauch junger Menschen in Berlin zeichnen ein deutliches Bild: In der Hauptstadt wird mehr und riskanter gekifft als im Bundesdurchschnitt, und es besteht viel Bedarf hinsichtlich Aufklärung, Wissensvermittlung sowie Kompetenz- und Ressourcenstärkung. 

In einer repräsentativen Befragung von 2.410 Berliner:innen im Alter von 16 bis 27 Jahren untersuchte die Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin gemeinsam mit dem Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) den Konsum, die Belastungen durch die Corona-Pandemie sowie das Wissen und die Einstellungen zu Cannabis. Finanziert wurde die Umfrage von der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege. Die wichtigsten Ergebnisse sind:

  • 15,8 Prozent der Befragten haben Cannabis in den letzten 30 Tagen konsumiert, 29 Prozent in den letzten zwölf Monaten. Diese Zahlen liegen über dem bundesweiten Durchschnitt.
  • 84,2 Prozent konsumieren Cannabis im Joint gemischt mit Tabak, 45,2 Prozent im Joint
  • 13,7 Prozent derjenigen, die in den letzten 30 Tagen konsumiert haben, taten dies an mehr als 20 Tagen.
  • Konsumiert wird häufig gemeinsam mit anderen (75,5 Prozent), aber auch um die Stimmung aufzuhellen (53,2 Prozent), zum Einschlafen (51,5 Prozent) und gegen Langeweile (49,8 Prozent).
  • Berechnungen nach dem international verwendeten Screeninginstrument CAST (Cannabis Abuse Screening Test zur 12-Monatsprävalenz) ergeben, dass fast jede:r zweite Cannabis-Konsumierende problematische Konsummuster zeigt. Männliche Personen sind mit 51,6 Prozent deutlich häufiger betroffen als weibliche Personen (36,9 Prozent).
  • Bei 38,8 Prozent ist der Cannabiskonsum während der Corona-Pandemie gestiegen; diese Personen zeigten insgesamt eine höhere Belastung in Bezug auf Privatleben, Schule/Beruf, körperliche und psychische Gesundheit.
  • Große Lücken beim Wissen über Cannabis: Nur 62,6 Prozent konnten benennen, dass THC der berauschende Wirkstoff in Cannabis ist, 18,6 Prozent schätzten die Konsumrisiken für Jugendliche nicht höher ein als für Erwachsene.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Aufklärung über Substanz, risikoarmen Konsum und mögliche Folgen zentrale Herausforderungen darstellen.

Dr. Ina Czyborra, Gesundheitssenatorin:
„Suchtprävention heißt, über die Auswirkungen des Konsums zielgruppengerecht aufzuklären und riskantes Konsumverhalten früh zu erkennen und diesem entgegenzuwirken. Berlin verfügt hier bereits über ein großes Angebot entsprechender Projekte. Diese gilt es weiterzuführen und zu stärken.“

Kerstin Jüngling, Geschäftsführerin der Fachstelle für Suchtprävention Berlin:
„Ein signifikant hoher Teil der Jugendlichen weist einen problematischen Cannabiskonsum auf. Hier müssen wir Cannabis verharmlosende Haltungen im Kontakt mit jungen Menschen überdenken und mehr Verantwortung übernehmen. Was sind Ursachen für diese Entwicklungen, was brauchen Jugendliche in Berlin, wie können Eltern und Fachkräfte fit gemacht werden? Dafür braucht es in Berlin mehr Ressourcen in der Prävention.“

Anke Timm, Geschäftsführerin der Fachstelle für Suchtprävention Berlin:
„Jugendliche müssen in ihrem Wissen und ihren Ressourcen gestärkt werden, damit sie kompetent Entscheidungen für ein gesundes Leben treffen können. Dies ist Aufgabe der Suchtprävention und kann in hoher Qualität nur durch eine politische Stärkung und gesicherte Finanzierung ermöglicht werden.“

Der Ergebnisbericht und die Zusammenfassung der Schlussfolgerungen für die Prävention stehen auf der Website der Landesstelle zum Download bereit.

Cannabiskonsum bei Jugendlichen (bundesweit):

  • Fast jede:r zehnte 12- bis 17-Jährige hat schon einmal Cannabis konsumiert (9,3 Prozent)(Orth, B. & Merkel, C. (2022): Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutsch- land. Ergebnisse des Alkoholsurveys 2021 zu Alkohol, Rauchen, Cannabis und Trends. BZgA-For- schungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
  • Bundesweit haben 25 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumiert, zwölf Prozent in den letzten 30 Tagen.(Orth, B. & Merkel, C. 2022)
  • 1,6 Prozent der Jugendlichen und 8,6 Prozent der jungen Erwachsenen konsumieren regelmäßig (d. h. häufiger als zehnmal in den letzten zwölf Monaten).(Orth, B. & Merkel, C. 2022)Medienmitteilung der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin, 19.6.2023

Medienmitteilung der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin, 19.6.2023