Alkoholanreize auf den Wegen von 16- bis 19-jährigen Jugendlichen

Eine Pilotstudie von Sucht Schweiz hat die Alkoholanreize auf den Wegen von 16- bis 19-jährigen Jugendlichen im Alltag und in den sozialen Netzwerken nachgezeichnet. Im Schnitt begegneten die Testpersonen in den fünf größten Schweizer Städten alle fünf Minuten einem Alkoholanreiz. Auch in den sozialen Netzwerken war der Alkohol allgegenwärtig, transportiert durch Freunde und Influencer, welche oft dafür bezahlt werden. Die Studie hat die erschreckende Normalität des Alkohols im Alltag der Jugendlichen aufgezeigt.

Das Alkoholmarketing zielt stark auf Jugendliche, da diese die Kunden und Kundinnen von morgen sind. Eine durch die Eidgenössische Zollverwaltung finanzierte Pilotstudie von Sucht Schweiz ist der Frage nachgegangen, wie stark die Jugendlichen den Alkohol-Stimuli tatsächlich ausgesetzt sind. Die Studienanlage orientierte sich teilweise an einer früheren Untersuchung zum Tabakmarketing: Es wurden auch hier die in Genf, Lausanne, Bern, Basel und Zürich zurückgelegten typischen Wege und Aktivitäten der Jugendlichen nachgezeichnet. Dabei wurden alle angetroffenen Alkoholanreize systematisch erfasst. Zusätzlich wurden neu auch die in den sozialen Netzwerken angetroffenen Alkoholanreize von den Jugendlichen aufgezeichnet.

Mindestens die Hälfte der Anreize ist so gewollt

Im Schnitt wurden die Wege (inklusive der Aktivitäten wie Sport, Kino, Restaurant etc.) innert jeweils sechs Stunden zurückgelegt. Pro Weg wurden 73 Alkohol-Stimuli verzeichnet, das heißt also im Schnitt alle fünf Minuten eine Erinnerung an den Alkohol! Außerdem lief die Untersuchung im Herbst 2020 und fiel damit in eine Zeit, in der die Covid-Maßnahmen wieder strenger wurden und die Ausgangslokale wieder schlossen und auch weniger Veranstaltungen im öffentlichen Raum stattfanden. Es ist davon auszugehen, dass die Werbetätigkeit in dieser Zeit entsprechend zurückgefahren worden ist.

Die Hälfte der verzeichneten Stimuli betrafen Alkoholwerbung oder Verkaufsförderung von Alkoholika. Die andere Hälfte setzte sich aus scheinbar zufälligen Alkohol-Stimuli zusammen: leere Flaschen und Büchsen im öffentlichen Raum, Darstellungen, in denen Alkohol eine Rolle spielt (z. B. ein Anlass, zu dem getrunken wird), Angebot auf einer Speisekarte etc.

Zusätzlich sollten alle wahrgenommenen Präventionsbotschaften erfasst werden. Doch es stellte sich heraus, dass diese auf den Wegen der jungen Menschen fast gänzlich fehlten.

In den sozialen Medien: Die Macht der Bilder und der Influencer*innen

Das Alkoholmarketing hat sich teilweise ins Internet verlagert. 85 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren verbrachten 2019 eine Stunde oder mehr pro Tag im Internet, der größte Teil von ihnen ist auch in sozialen Netzwerken unterwegs, was in der Pandemiezeit wahrscheinlich noch zugenommen hat. Vor allem auf Snapchat, Instagram und Tiktok erhalten sie zahlreiche Bilder und Botschaften aus dem Freundeskreis und von Bekannten, die Alkohol zum Thema haben. Auffällig ist auch die Alkoholwerbung durch Influencer*innen.

Eine den Alkohol banalisierende Gesellschaft schützt ihre Jugend nicht

Die Resultate dieser Pilotstudie zeigen eindrücklich, wie stark schon Jugendliche mit Alkohol konfrontiert werden. Dass Alkohol dazugehört, wird für sie normal. Dies ist bedenklich in Anbetracht der rund 400 Jugendlichen, die in der Schweiz pro Jahr wegen Alkoholvergiftung ins Spital eingeliefert werden. Ein großer Teil der gefundenen Alkohol-Stimuli ist bewusst platziert, oder es wird zumindest toleriert, dass auch Jugendliche beworben werden. Sucht Schweiz ruft deshalb dazu auf, die Maßnahmen zum Schutz der Jugendlichen zu verstärken. Dazu zählen die Einschränkung der Alkoholwerbung und damit die Reduktion der Attraktivität des Alkohols bei den Jugendlichen.

Der Bericht zur Pilotstudie in französischer Sprache steht auf der Website von Sucht Schweiz zur Verfügung.

Pressestelle von Sucht Schweiz, www.suchtschweiz.ch, 11.5.2021