Ergebnisse einer aktuellen Meta-Analyse
„Ohne Samen“ – so lässt sich der Name der Cannabissorte Sinsemilla übersetzen. Ihre Blüten enthalten besonders viel vom Cannabiswirkstoff THC. Diese hochpotente Cannabissorte sei hauptsächlich verantwortlich für den Anstieg der THC-Konzentration in den letzten Jahrzehnten. Das ist eines der Ergebnisse einer Meta-Analyse unter der Leitung von Tom Freeman von der University of Bath.
Das internationale Forschungsteam hat sämtliche Studien gesichtet, in denen die Wirkstoffkonzentration von Cannabis ermittelt wurde. Dabei ging es nicht nur um den Cannabiswirkstoff THC, der überwiegend für den Rausch verantwortlich ist. Auch der Anteil an Cannabidiol, das als CBD abgekürzt wird, stand im Fokus der Studie. Über 80.000 Cannabisproben, die über einen Zeitraum von 50 Jahren gesammelt wurden, sind in die Analyse eingegangen. Die meisten Cannabisproben stammen aus den USA, weitere aus dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark, Italien und Neuseeland.
Marktanteil von hochpotentem Cannabis ist gestiegen
Den Ergebnissen zufolge hat der THC-Anteil in Cannabisblüten zwischen 1970 und 2017 um 14 Prozent zugenommen. Allerdings sei diese Zunahme nicht so sehr auf einen generellen Anstieg des Wirkstoffgehalts zurückzuführen. Vielmehr habe der Marktanteil von hochpotentem Sinsemilla-Cannabis zugelegt. Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt von Sinsemilla-Cannabis habe sich über die Jahre hingegen kaum verändert.
Haschisch stärker als normales Gras
Einen deutlichen Zuwachs der THC-Konzentration habe sich allerdings bei Haschisch abgezeichnet. Zwischen 1975 und 2017 sei der THC-Gehalt um 24 Prozent gestiegen. Das aus dem Harz der Cannabispflanze gewonnene Haschisch sei inzwischen stärker als normales Gras.
Anteil an CBD unverändert
Hingegen hat sich der Anteil an CBD über die Jahre nicht verändert. Somit hat sich das Verhältnis von THC zu CBD in Cannabis über die Jahre zugunsten von THC entwickelt. CBD wird selbst keine berauschende, aber eine antipsychotische, beruhigende Wirkung zugesprochen.
„Traditionell enthielt Cannabisharz viel geringere Mengen an THC mit gleichen Mengen an CBD“, erklärt Co-Autor Sam Craft. „Die CBD-Konzentrationen sind stabil geblieben, während THC erheblich gestiegen ist, was bedeutet, dass es heute viel schädlicher ist als noch vor vielen Jahren.“
Mehr gesundheitliche Probleme bei steigendem THC-Gehalt
Diese Entwicklung bewertet das Forschungsteam als problematisch. Denn die Risiken des Cannabiskonsums würden mit hohem THC- und niedrigem CBD-Anteil steigen. So konnte in einer früheren Studie unter der Leitung von Tom Freeman nachgewiesen werden, dass mehr Menschen Hilfe wegen ihres Drogenkonsums in Anspruch nehmen, wenn die Wirkstoffkonzentration steigt. Insbesondere nehme das Risiko für eine Psychose beim Konsum von hochpotentem Cannabis zu.
Erst kürzlich haben Ärztinnen und Ärzte des Universitätsklinikums Ulm von einer starken Zunahme an Cannabis-Psychosen zwischen 2011 und 2019 berichtet. Die Anzahl an Patientinnen und Patienten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen habe sich hingegen nicht verändert. Eine mögliche Ursache für diese Entwicklung sei der zunehmende Konsum von hochpotentem Cannabis, aber auch von synthetischen Cannabinoiden. Mehr zur Ulmer Studie erfahren Sie hier.
Quelle: www.drugcom.de, 30.12.2020
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