Klaus Gerkens

Qualifizierter Entzug – und was dann?

Klaus Gerkens

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Laut der Deutschen Suchthilfestatistik (Jahresbericht 2014) werden nur 19,5 Prozent der Alkoholabhängigen, die eine stationäre Behandlung in Anspruch nehmen, und nur 8,6 Prozent der stationär behandelten Opiatabhängigen durch eine Krankenhausabteilung in die Suchtrehabilitation vermittelt. Grund genug für die Suchtfachverbände, die Deutsche Rentenversicherung (DRV) und die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), gemeinsam über die Verbesserung des Zugangs in die Suchtrehabilitation aus dem Qualifizierten Entzug zu beraten.

Als Ergebnis wurden gemeinsame Handlungsempfehlungen für ein Direktverlegungs- bzw. „Nahtlosverfahren“ abgestimmt, um zukünftig Drehtüreffekte möglichst zu vermeiden und die Nichtantrittsquote zu reduzieren. Bei diesem Verfahren spielen insbesondere die Krankenhäuser eine wichtige Rolle. Nur bei rechtzeitiger Einleitung durch die Ärzte und den Sozialdienst des Krankenhauses einschließlich der Organisation der nahtlosen Weiterbehandlung in Kooperation mit der voraussichtlich aufnehmenden Entwöhnungseinrichtung und den Rehabilitationsträgern kann das Nahtlosverfahren in der Praxis funktionieren.

Deshalb haben DRV und GKV in einem weiteren Schritt Rahmenempfehlungen für die Verbesserung des Zugangs nach Qualifiziertem Entzug in die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker („Nahtlosverfahren Qualifizierter Entzug/Suchtrehabilitation“) erarbeitet, die derzeit im Entwurf vorliegen.

Im Fokus der Rahmenempfehlungen steht die Umsetzung eines Nahtlosverfahrens auf regionaler Ebene. Hierfür werden grundsätzliche Aussagen und Definitionen festgelegt:

  • Geltungsbereich
  • Definition Qualifizierter Entzug einschließlich Aussagen zur Verweildauer im Krankenhaus
  • Voraussetzungen für teilnehmende Krankenhäuser
  • Einleitung und Beantragung der Suchtrehabilitation (Entwöhnungsbehandlung)
  • Leistungszuständigkeit
  • kurzfristige Bearbeitung des Antrags durch die Rehabilitationsträger
  • Verlegung in die Rehabilitationseinrichtung durch begleitete Anreise

‚Herzstück‘ der Rahmenempfehlungen bildet die begleitete Verlegung vom Krankenhaus in die Entwöhnungseinrichtung, d. h., die Patientin/der Patient wird von einer Mitarbeiterin/einem Mitarbeiter der Entwöhnungseinrichtung oder einer Suchtberatungsstelle bei der Anreise begleitet.

DRV und GKV haben mit den Suchtfachverbänden in einer gemeinsamen Erörterung am 07.09.2016 den vorliegenden Entwurf der Rahmenempfehlungen beraten. Die Verbände unterstützen das geplante Nahtlosverfahren. Ihre Anregungen und Kritikpunkte wurden weitestgehend in die Rahmenempfehlungen aufgenommen. Die Beteiligung weiterer Organisationen wie Fachgesellschaften, Krankenhausärzte, Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und Aktion Psychisch Kranke ist auf der Grundlage der aktualisierten Entwurfsfassung kurzfristig vorgesehen.

Nach Verabschiedung der Rahmenempfehlungen, voraussichtlich Anfang 2017, beginnt erst die eigentliche Arbeit: Auf Landesebene muss zwischen den unterschiedlichen Vertragspartnern das Nahtlosverfahren umgesetzt werden, ggf. müssen Detailregelungen erprobt werden. Einig sind sich die Beteiligten aber schon heute: Mit diesem Nahtlosverfahren wird die Versorgung Abhängigkeitskranker in Deutschland bundesweit optimiert.

Kontakt und Angaben zum Autor:

Klaus Gerkens
Verband der Ersatzkassen (vdek) e. V.
Abteilung Gesundheit
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klaus.gerkens@vdek.com